Advent und Weihnachten 2024:
«Weisch no?!»
Erinnern Sie sich an die «guten alten Zeiten», in der eine 60-er oder sogar 90-er Cassette mit Weihnachtsliedern dafür sorgte, dass es so richtig weihnächtlich werden konnte? Sie hatten auf der A-Seite «Stille Nacht», «O du fröhliche», «Es ist ein Ros’ entsprungen» und «Vom Himmel hoch da komm ich her» aufgenommen. Nun wurden an adventlichen Chrömli-Back- und Weihnachtspost-Schreibtagen - in geheimnisvoll dunklen Zimmern, mit Kerzenlicht erleuchtet - diese Lieder rauf und runter gespielt. Jeweils nach einer halben oder dreiviertel Stunde musste die Cassette entweder wieder bis zum Anfang vorgespult werden, oder es wurde auf die B-Seite umgedreht, auf der die Mundart-Lieder «Das isch de Stärn vo Bethlehem», «Was isch das für e Nacht?» und andere Lieder der «Zäller Wiehnacht» zu Übungszwecken für das Krippenspiel aufgenommen worden waren. Solche «Konserven» waren stets mit der bangen Hoffnung verbunden, dass der Cassetten-Spieler sauber arbeitete, sich kein Tonband in ihm verfang und es neu aufgewickelt werden musste.
«Weisch no?» Diese Frage hat nostalgischen Charakter mit ziemlich grossem Sehnsuchtspotential. Genau diese Sehnsucht steht in den Advents- und später auch in den Weihnachtstagen im Mittelpunkt: Die Sehnsucht nach «heiler Welt» im wörtlichen Sinne, nach Geborgenheit, Frieden und Licht.
Verschiedene Propheten des Alten Testaments nehmen diese Sehnsucht auf, machen aus ihnen Verheissungen einer neuen, hellen, heilen Welt, in der das Klagen keinen Grund mehr hat, die Tränen getrocknet und alle Gewalt ein Ende hat. Beim Propheten Jesaja hört sich das so an: Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein grosses Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen. Jeder Stiefel, der mit Gedröhn daher geht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt. Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heisst Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft gross werde und des Friedens kein Ende sei. (Jesaja 9,1-6*).
Mit Jesu Geburt wird nach christlichem Glauben diese Verheissung erfüllt. Der Retter der Welt kommt hilflos und verletzlich in einem unwirtlichen Stall zur Welt – und zeigt damit die Zerbrechlichkeit allen Heils. Grenzenloser Friede und umfassendes Heil sind genauso zerbrechlich wie das Kind in Bethlehem. Der Advent ist die Zeit, der Sehnsucht Raum zu geben und nicht nachzulassen, sich an friedliche und heilsame Momente zu erinnern und Lichtblicke in dunkler Zeit herbeizusehnen. Halten wir die Sehnsucht wach, freuen uns auf dem Weg zur Krippe an kleinen Funken des Lichts und setzen mit unserer Hoffnung ein Zeichen des Friedens.
Gute, sehnsuchtsvolle Adventstage, friedliche und gesegnete Weihnachtstage und einen guten Start in ein zuversichtliches, neues Jahr wünschen Ihnen im Auftrag der reformierten Bezirkssynode Solothurn:
Dorothea Neubert, Pfarrerin in Aetingen-Mühledorf
Gestaltung: Bossard-Grafik, Lohn-Ammannsegg